Die Geburtsstunde der Europalette
Was haben LKW-/Waggon-Ladeflächen, Verpackungsmaschinen in Industriebetrieben, Regale in Logistikzentren und sogar viele Produkte gemeinsam? Richtig: Sie sind auf die Maße der Europalette 800 x 1200 mm ausgerichtet.
60 Jahre Europalette, 30 Jahre EPAL
Die Jahre 1961 und 1991 sollten das europäische Waren- und Transportsystem nachhaltig prägen. Mit Erfindung der normierten Europalette und Einführung des offenen Tauschsystems EPAL wurde das Logistikwesen in punkto Effizienz revolutioniert. Auch der Einsatz des nachwachsenden Rohstoffs Holz und die Reduktion CO2-intensiver Transportwege sind gute Gründe, das Doppeljubiläum mit einem positiven Blick in die Zukunft zu begehen.
Feierlichkeiten im großen Stil sind 2021 coronabedingt tabu. Wirtschaftlich kann die Pandemie die Palettenindustrie allerdings nicht ausbremsen. Obwohl der Palettenabsatz traditionell als Konjunktur-Indikator gilt, ist der große Einbruch trotz zwischenzeitlicher Rezession auf den globalen Märkten ausgeblieben. Einbußen bei den Automobilzulieferen konnten durch die erhöhte Nachfrage im Lebensmittel-, Hygiene- und DIY-Bereich ausgeglichen werden und die Holzpackmittelindustrie untermauerte in der Krisenzeit eindrucksvoll ihren Status als systemrelevant.
Die Geburtsstunde der Europalette
Was haben LKW-/Waggon-Ladeflächen, Verpackungsmaschinen in Industriebetrieben, Regale in Logistikzentren und sogar viele Produkte gemeinsam? Richtig: Sie sind auf die Maße der Europalette 800 x 1200 mm ausgerichtet.
Dahinter steckt der Wunsch des Transportwesens nach optimaler Raumausnutzung und Effizienz durch einheitliche Größen. Ein Wunsch, der in den 1950er-Jahren heranreifte, als auf den Ladeflächen der europäischen Eisenbahnen noch pures Chaos herrschte. Kreuz und quer gestapelte Säcke und Kisten bedeuteten jede Menge Platzverlust und einen enormen Aufwand beim Be- und Entladen. 1961 unterzeichneten die bedeutendsten europäischen Eisenbahnen schließlich einen Vertrag über eine genormte, tauschbare Palette mit dem Namen Europalette, die dem Logistiksektor bis zu 90 Prozent Zeitersparnis bringen sollte. Doch die Vorteile der Europaletten sind noch weitreichender: Sie haben eine positive CO2-Bilanz, sind reparabel und recyclingfähig und dank der antibakteriellen Wirkung von Holz auch in sensiblen Bereichen einsetzbar.
Will man alle Merkmale einer Europalette auf einen gemeinsamen Nenner bringen, lautet er „HOHE GEPRÜFTE QUALITÄT“. Diese wird von der EUROPEAN PALLET ASSOCIATION E.V. (EPAL) sichergestellt. 1991 als Dachverband der lizenzierten Hersteller und Reparateure von EPAL/EUR-Paletten und -Gitterboxen ins Leben gerufen, zeichnet EPAL weltweit für die NORMIERUNG, DIE QUALITÄTSSICHERUNG UND RECHTLICHE VERFOLGUNG gefälschter Paletten verantwortlich. Ihren Erfolg verdankt die EPAL vor allem dem offenen Tauschpool, den sie Anfang der 1990er-Jahre aufgebaut hat. Dabei funktioniert der Palettentausch nach dem Prinzip der Zirkelwirtschaft:
Mit aktuell rund 600 Mio. Europaletten und 20 Mio. Gitterboxen im weltweit größten offenen Tauschpool gewährleistet die EPAL den Warenfluss in der Logistikwelt. Dabei verfolgt sie als eingetragener Verein keine kommerziellen Interessen und orientiert sich ausschließlich an den Bedürfnissen der Industrie-, Handels- und Logistikpartner. Die EPAL wird in über 30 Ländern durch 14 Nationalkomitees vertreten, die sich der nationalen Umsetzung der EPAL-Ziele verpflichtet haben. Seit dem 1. August 2013 lässt EPAL unter ausschließlicher Lizenz Europaletten mit dem Einbrand „EPAL im Oval“ auf vier Eckklötzen produzieren und reparieren.
Langjähriger Partner und Mitstreiter der EPAL ist die 1998 gegründete Vertriebsgesellschaft für Verpackungsholz und Pressspan-Palettenklötze EUROBLOCK Verpackungsholz GmbH. Als marktführender Zulieferer der europäischen Palettenindustrie erfüllt EUROBLOCK höchste Qualitätskriterien, die intern und extern überwacht werden. Aufgrund der überzeugenden Produkt- und Anwendungsvorteile haben EUROBLOCK Palettenklötze die Zulassung von EPAL, weiteren Mietpools sowie vielen großen Endverbrauchern.
An den Standorten Unterbernbach, Lauterbach, Uelzen (Deutschland) und Ermelo (Niederlande) entstehen EUROBLOCK Klötze für Palettenhersteller, die ihren eigenen Brennstempel mit der Lizenznummer auf dem Mittelklotz anbringen. So lässt sich die Firma identifzieren, die die Europalette hergestellt hat. In Unterbernbach und Ermelo produziert EUROBLOCK außerdem die „Reparaturklötze mit Punkt“ für lizensierte EPAL-Reparaturbetriebe. Der Punkt kennzeichnet ausschließlich reparierte Paletten und macht sie auf einen Blick von Neupaletten unterscheidbar. Sämtliche Kennzeichnungen sind übrigens essenziell für eine Europalette des EPAL-Systems – auch eine absolut maßgleiche Palette gilt ohne Brandstempelung als Einwegpalette und kann nicht getauscht werden.
Der Megatrend Digitalisierung geht auch an der Palettenindustrie nicht spurlos vorbei. So entwickelten Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML im Auftrag der EPAL in den letzten Jahren die klassische Europalette zur intelligenten iPAL-Palette mit einem QR-Code auf den Klötzen weiter. Dieser 2D-Code dient als Echtheitsnachweis für EPAL Ladungsträger (z.B. Europalette) und ersetzt das Labeling durch Verknüpfung der Paletten-ID zur Ware oder zur Sendung. Die Vision für die Zukunft umfasst ein einfaches Track-and-Trace-System in Kombination mit der iPAL App und iPAL Plattform. Ziel dieser Entwicklung ist die Digitalisierung des offenen Palettenpools, um intelligente Logistiknetzwerke zu schaffen und den Kunden nachhaltigen Mehrwert zu bieten. Dermaßen für die Zukunft gerüstet, sollen die Europalette bzw. EPAL noch viele weitere runde Geburtstage feiern.
Die bekannteste unter den Europaletten, die EUR 1, besteht aus exakt 11 Brettern, 9 Pressspan-Holzklötzen und 78 Nägeln. Ihre Maße lauten 1200 mm x 800 mm x 144 mm (Länge x Breite x Höhe), die Grundfläche beträgt 0,96 Quadratmeter (0,4 Lademeter). Normiert sind auch die zugelassenen Holzarten, Brettstärken und Feuchtigkeitsanforderungen. Eine Europalette wiegt je nach Holzfeuchte zwischen 20 und 25 Kilogramm und hält Lasten bis zu 1.500 kg stand. Durchschnittlich bleibt sie 6 Jahre lang in Verwendung.